Aber du bist nicht tod. Du bist die Wellen, die wild den Sand berühren. Du bist der Sand, der fein durch meine Zehen rinnt. Du bist der Schnee, der eisig unter meinen Füssen knirscht. Du bist der Wind, der sanft mich umbläst. Du bist der Regentropfen, der feucht mein Gesicht benetzt. Du bist der Stern, der hell den Himmel erleuchtet. Du bist die Rose, die wunderschön blüht. Du bist der Sonnenstrahl, der warm mein Herz erwärmt. Du bist nicht tod. Du bist hier, in meinen Gedanken, hier, in meinem Herzen,hier, ich behalte dich für immer bei mir.
Meggiana und Willy, das gehört etwa so zusammen wie der Wind und das Meer. Vor 30 Jahren haben er und Evelyne da eine alte Ruine gekauft und über Jahre hin zu einem Wohnhaus umgebaut. Später kam ein Gästehaus dazu. Dann ein Stall für den geliebten Muli "Bijou" und die Eselin Larissa. Dann, auf Initative von Eveline, die Kapelle und, als Schlussprojekt, eine grosse Werkstatt mit einem Whirlpool, aber da dürfe man denn nur nackt rein, göll 😉 Doch so viel Zeit zum Fertigbauen sollte ihm nicht mehr vergönnt sein.
Willy und Eveline ist es auch zu verdanken, dass wir unser Haus kaufen konnten. Immer wieder haben wir bei Ihnen das Gastrecht genossen, bis uns unser Haus zu einem Freundschaftspreis angeboten wurde. Immer wieder habe ich mit Willy unser Budget überprüft, Umbaupläne verworfen und neue geschmiedet. Zusammen sind wir eigens aufs Wasseramt gefahren und nach Verbania, um den Strom in Betrieb zu nehmen. Haben profitiert von seinem grossen Erfahrungsschatz, seinem Wissen, seinen perfekten Sprachkenntnissen und nicht zuletzt von seinen ausgezeichneten Beziehungen zu den örtlichen Handwerkern. Ohne ihn hätten wir es nie geschafft, unser Haus zu kaufen und zu dem zu machen, was es ist!
Willy bedeutet mir aber viel mehr als das. Ich kenne Willy seit ich denken kann. Zusammen mit meinem Vater hat er manche Berge erklommen, und es verband
die beiden mehr als bloss den fast gleichen Geburtstag, Jahrgang und Schuhgrösse. Eine Anekdote der beiden sei hier noch erwähnt: Willy' s Bergschuhe waren
nass oder kaputt, mein Vater brauchte die seinen offenbar gerade nicht. So übergab er diese lachend an Willy mit den Worten: "wir haben den gleichen Jahrgang,
so sicher auch die gleiche Schuhgrösse".
Nach der Trennung meiner Eltern sind Willy und Eveline dann oft vorbeikommen, ich erinnere mich klar an die
4-Pässefahrt in dem zu kleinen Fiat, den ich dann gnadenlos ob der vielen Kurven verkotzte. Wohl deshalb wollte Willy mich später immer lieber mit dem Töff mitnehmen....
Oder die vielen Gespräche im Hühnerbühl, wo ich immer mal wieder unverhofft auftauchte. Immer hatten Evelyne und Willy Zeit für meine kleinere oder gösseren
Sorgen. Schlimm war es für mich, als mein Fahrrad nach den Italien-Ferien mit dem Zug nicht wieder auftauchte; dass das Segelboot meiner Vaters auch verschwunden blieb
war sekundär. Keine Ahnung, wieviele Tränen ich vergoss, jedenfalls schrieb Willy ein paar Briefe, führte da und dort ein Telefonat und
das Fahrrad tauchte wieder auf. Ja, das Segelboot auch 😄 ) .
Von der Tumorerkrankung meines Vater erfuhr Willy als erstes, er schaffte es, meine Gefühle in Worte zu fassen.
Wie ruhig Willy blieb, als wir ihn für ein paar Tage in Meggiana besuchten. Sein Bergsteigerkumpel, vom Schwindel schwankend, müde und gezeichnet von der Chemotherapie, aber immer
behandelte Willy ihn mit Würde und voller Ruhe.
Wie selbstverständlich er in die Presche sprang
bei Yaras Wunsch nach einem Grossvater. Wie unbekümmert er mit Reyas Tobsuchtanfällen umging, bloss weil sie partout keine Gummistiefel anziehen wollte. Wie er Reyas
Ärmchen schiente, als er ausgerenkt war. Wie er sich die Mädels mit dem Seil um den Bauch band, als uns unsere Wanderung einmal zu nahe an den Abgrund führte. Dann die
Geschichten mit Bijou und Larissa! Yara ,die fast nicht genug bekommt vom Ausreiten und immer nach noch mehr lechzt. Die sich plötzlich aus Frühaufsteherin
outet, damit sie auch in den Stall darf (die Phase des Frühaufstehens hat dann aber doch nicht so lange gehalten 😏 ). Eine schöne Erinnerung
für Yara auch, wie sie zusammen mit Noemie von Kandersteg aus ins Wallis wandert, mit Übernachtung in einer Hütte. In Raron stiess ich dann mit Reya dazu, gemeinsam
übernachten wir auf dem Zeltplatz. Wegen schlechten Wetters konnten sie aber am nächsten Tag nicht den Monte Moro überqueren, sie wollten die Wanderung
im nächsten Sommer nachholen, aber eben... Trotzdem, der Samen ist gelegt, Yara will mit Noemie und Reya und (meinem) Cousin Remo die Wanderung über den Allalin fortsetzen, wenn sie alt genug sind (sprich, die Mutter
es endlich erlaubt 😛 ) ).
Dann der Unfall. Willy kam sofort ins Spital, beäugte sehr kritisch meine Fortbewegung im Rollstuhl (oder war es nur das so schöne Nachthemd des Inselspitals
kombiniert mit einem aufgehängten Urinbeutel 🙈 )) und brachte Cola gegen meinen ständigen Würgereiz, , wohl der Autoszene noch bewusst.
Es kommen so viele Erinnerungen hoch, ich kann unmöglich alle erwähnen. Wie er mir zeigte, wie man die Winterfinken am Auto wechselt. Wie man Strom zieht. Löcher in
Kacheln bohrt. WC-Schüsseln wechselt 😂 . Die unzähligen Gespräche bei Rotwein bis spät in die Nacht. Die Freude am Töfffahren
Ach Willy, du fehlst so sehr. Danke, dass du ein Stück meines Weges mit uns gegangen bist. Wir werden dem Samen, den du gestreut hast, Sorge tragen und ihn wachsen lassen. Wir werden dich immer
in unserm Herzen behalten. So ruhe in Frieden.
Willy Peter Tinner starb nach 1.5 Jahre mit viel Geduld ertragenem Kampf und Leiden friedlich und gelassen am 30.09.2017 um 23.45 Uhr an Speiseröhrenkrebs.